Gesetzliche Erbfolge bei Singels

Magazin 50plus, Dezember 2015, von Benno Studer

Immer mehr Menschen leben allein und haben keine direkten Nachkommen. Was ist zu tun, wenn man sein Erbe nicht dem Staat oder irgendeiner unbekannten Cousine oder einem ungeliebten Neffen überlassen will?

Nach dem Grundsatz: «Gut fliesst wie das Blut» erben die gesetzlichen Erben des Verstorbenen. Dabei gilt, dass die nähere Stammesordnung die entferntere ausschliesst. Konkret bedeutet dies, dass bei Alleinstehenden zuerst Eltern, Geschwister und deren Nachkommen zum Zuge kommen (zweite Stammesordnung). Pflichtteilsgeschützt sind dabei nur die Eltern mit 50% (je 25%). Sind keine Erben der zweiten Stammesordnung vorhanden, fällt der Nachlass an den Stamm der Grosseltern und deren Nachkommen (dritte Stammesordnung). Fehlen auch Erben des grosselterlichen Stammes, be- stimmt Art. 466 ZGB:
Hinterlässt der Erblasser keine Erben, so fällt die Erbschaft an den Kanton, in dem der Erblasser den letzten Wohnsitz gehabt hat, oder an die Gemeinde, die von der Gesetzgebung dieses Kantons als berechtigt bezeichnet wird. Jeder Kanton hat somit die Kompetenz, in diesem Fall die Aufteilung zu regeln.
Am nachfolgenden Beispiel zeige ich Ihnen auf, was diese Regelung für die Praxis bedeutet.

Der ledige und kinderlose Franz B., welcher drei Schwestern hat, ist gestorben. Wenn seine Eltern noch leben, erben Vater und Mutter je die Hälfte. Sind die Eltern vorverstorben, treten die drei Schwestern zu je 1/3 an die Stelle der Eltern. Würde ein Elternteil noch leben, würde sich die Situation wie folgt gestalten: Die Hälfte ginge an den noch lebenden Elternteil, die andere Hälfte ginge zu gleichen Teilen an die Geschwister. Diese treten somit an die Stelle des verstorbenen Elternteils.
Nehmen wir in obigem Beispiel an, dass nicht nur die Eltern, sondern auch die älteste Schwester, welche ledig war und ebenfalls keine Nachkommen hinterlassen hatte, vorverstorben wäre, würden die beiden noch lebenden Geschwister je zur Hälfte erben. Hätte hingegen die vorverstorbene Schwester Kinder gehabt, wäre ihr Anteil ihren Kindern zugefallen, das heisst ein Drittel des Erbes wäre gleichmässig unter ihren Nachkommen aufgeteilt worden (bei beispielsweise zwei Kindern je 1/6).

Möchte nun ein Erblasser verhindern, dass die gesetzlichen Erben berücksichtigt werden oder im Falle des Fehlens von gesetzlichen Erben der Nachlass nicht an den Staat fällt, muss ein Testament aufgesetzt werden. Auf was in diesem Falle besonders zu achten ist, habe ich in früheren Ausgabe von 50plus erläutert.

Dass sich eine genaue Überprüfung des Testaments auf jeden Fall lohnt, soll folgendes Beispiel veranschaulichen: Ein Erblasser, der partout nicht wollte, dass seine Nichten und Neffen erben, teilte seinen Nachlass in 40 Teile auf. Bei der Teilung wurde festgestellt, dass er nur über 39 Teile verfügt hatte. Für den 1/40, der testamentarisch nicht zugewiesen war, kam wiederum das gesetzliche Erbrecht zur Anwendung, d.h. dieser Teil wurde dann seinen Nichten und Neffen vererbt.

Dr. iur. Benno Studer ist Notar, Fürsprecher und Fachanwalt SAV Erbrecht. Die STUDER ANWÄLTE UND NOTARE AG hat ihre Büros im Fricktal und in Sursee.
www.studer-law.com

Dr. Benno Studer ist auch Autor des 1985 zum ersten Mal erschienen Standardwerkes «Testament/ Erbschaft», jetzt in der 16. aktualisierten Auflage verfügbar in der Beobachter Edition.
www.beobachter.ch/buchshop

Erschienen im Magazin 50plus

Artikel als PDF, 50plus Dezember 2015

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